ミュージックビデオ
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クレジット
PERFORMING ARTISTS
Lucy van Kuhl
Piano
Lorenzo Riessler
Drums
Nenad Uskokovic
Cello
COMPOSITION & LYRICS
Lucy van Kuhl
Lyrics
Edith Jeske
Lyrics
PRODUCTION & ENGINEERING
Florian Moser
Producer
歌詞
Im Zugabteil sitzt eine Frau neben mir,
die sieht aus wie Cindy aus Marzahn,
die Lippen gebotoxt und pink geschminkt,
lila Strähnchen in den Haar‘n.
Demonstrativ greif ich in meine Tasche
nach dem Zauberberg von Mann,
sie schaut gebannt aufs Titelblatt
und spricht mich zögernd an:
„Verzeihen Sie, dass ich Sie störe,
Sie lesen da Thomas Mann,
der war Thema meiner Doktorarbeit,
an den kommt niemand ran!“
Vorurteile, Vorurteile,
schon mein Opa rief:
„Wer sein‘n Sprössling Kevin nennt,
ist schrecklich primitiv!
In Italien ist überall Mafia,
da wird man im Urlaub erstochen!
Und Frauen könn‘n nicht Auto fahrn
und Männer soll‘n nicht kochen.
Merk dir, wer nen Anzug trägt,
ist immer ernst zu nehm‘.
Wer hingegen Porsche fährt,
hat ein Potenzproblem.“
Uns gegenüber sitzt eine junge Frau,
die wirkt intellektuell,
sie trägt nen Cambridge-Hoody
und ein hippes Brillengestell.
Sie mischt sich ins Gespräch ein:
„Dat diese Fußballer jetzt auch schreiben!
Hömma, also der Thomas Mann, ne, der soll mal schön
bei seinen Flanken bleiben!
Nää, aber eigentlich, ne, die Deutschen,
die sind doch träge und schwer,
im Sport sind Schwarze viel besser,
allein schon vom Körper her.“
Vorurteile, Vorurteile
„Schwule haben Stil,
Schwarze können trommeln
und sie tanzen so grazil.“
„Ein Ausländer hat mein verlorenes
Portemonnaie zurückgebracht!“
„Unser Hausmeister aus dem Sudan
hat richtig super sauber gemacht!“
„Ich kenn auch einen Schwulen,
der Fußball spielen kann!“
„Eine Freundin von mir ist lesbisch
und sieht gar nicht aus wie ein Mann!“
Da räuspert sich hinter mir einer,
Ü70 mit ner Hose aus Cord,
so ein typischer alter weißer Mann,
diese Sorte, die erkenn ich sofort.
Da seh ich mit Erstaunen,
er liest ja die Brigitte
und sagt dann mit Bestimmtheit:
„Ein bisschen mehr Wokeness bitte!“
Ich denke, oh mein Gott,
ich hielt ich mich doch für smart!
Danke, Deutsche Bahn,
für diese lehrreiche Fahrt!
Denn auch ich hab dauernd Vorurteile
und ich merk es nicht.
Ich hab so schnell ne Meinung,
wie wer aussieht oder spricht.
Ich werde an mir arbeiten,
ich fang jetzt damit an!
Ich frag die lila-pinke Frau:
„Welches Thema hatte denn Ihre Doktorarbeit
über Thomas Mann?“
Written by: Edith Jeske, Lucy van Kuhl